„VivoLatino“ im August 05

Mit einer nicht (!) garantierten Regelmässigkeit möchte salsa und latino.ch eine neue Reihe starten und Rückschau halten auf vergangene (wichtige) Konzertereignisse in der Schweiz oder Europa. Die Perspektive ist subjektiv und erhebt überhaupt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!
Den Anfang machen wir mit den Konzerten von Don Omar, Monchy & Alexandra, sowie Victor Manuelle im vergangenen Monat August. Unterhaltend sollte es sein und dem Leser allenfalls aktuelle Infos zu den entsprechenden Künstlern liefern.


Reggaeton y booom en la Suiza…!
Es war schon eine ganz positive Überraschung, als im Juli in unserer Stadt Plakate den Live-Gig von DON OMAR ankündigten. Dies nachdem bekannt war, dass in diesem Sommer Musiker aus den Bereichen LatinHipHop, Reggaeton, Reggae, LatinRap wie Omar, Nicky Jam und Papi Sanchez, Cubanito 20.02, Fulanito, etc auf Europatour sind. Der Event wird also im Disco-Club Dilaila stattfinden… Wie bitte, wo ist denn das schon wieder…? Aha Regensdorf - irgendwo im nirgendwo…in der Peripherie Zürichs….
Ganz witzig wie sich viele am besagten 5. August 05 vom Bahnhof Regensdorf her auf den Weg machten und zwischen Industriezone und Wohnquartier hin und her irrten. Auch der Schreiber musste alle seine geografischen Kenntnisse aufwenden, um dann doch noch ans Ziel zu gelangen. Doch die zweite Überraschung: Dilaila ist ein Top-Club mit viel Platz und sehr guter Akustik. Es muss nicht immer das Volkshaus sein! Die Stimmung war fantastisch es wurden (fast) alle Reggaetonhits rauf und runter gespielt und natürlich von den grösstenteils (hübschen) weiblichen Fans mitgesungen. DJ Guille y toda America Latina presente, claro que si!

OMAR konnte sich die ausgelassene Horde genüsslich und unbemerkt von seiner Loge aus ansehen, bevor dann Juan Cretin die Bühne betrat und ihn ankündigte. Ein Lob an Juan, der immer wieder verschiedene internationale Latino-Stars in die Schweiz bringt und so für ein ausgewogenes Programm garantiert: Sierra Maestra, Olodum, Aventura, Los VanVan und eben Don Omar.
Eine weitere Überraschung war perfekt: DON OMAR nahm ELIEL mit auf die Tournee! Die ganze Bande brachte einen enormen Power mit auf die Bühne. Während OMAR auch als Produzent und Compositor amtet, ist ELIEL der Hauptsänger auf Titeln wie "Dale Don mas duro" "La recompensa" "Quien la vio llorar" und "Dile", welches er selbst komponiert hatte (musikalische Inspiration: J. Arroyo). Beide lieferten aber gute Abwechslung, DON OMAR etwas melodischer und ELIEL etwas rappiger.
Je zwei Tänzer und Tänzerinnen, die ein schweisstreibendes Set lieferten, der DJ-Mixer, der die Rhythmus-Grooves live machte und der Coro markierten Präsenz auf der Bühne. Entgegen den Zeitungsprognosen im TA war keine Liveband dabei, aber trotzdem wurde viel improvisiert. Gegen Ende hat DON OMAR noch etwas in die Trickkiste gegriffen und ein "Reggaeton - Best of" dem Publikum entgegen geschmissen: "Gasolina" und "Lo que pasó, pasó" (jetzt neu lanciert für CH-Charts) von Daddy Yankee, natürlich sein Megahit "Pobre diabla" dann "Papi chulo" etc. Der Auftritt war definitiv zu kurz, doch es wurde ein Power-Package geboten, welches sich gewaschen hatte.

DON OMAR ist so etwas wie der Zeremonienmeister in der Reggaetonszene, der Mastermind im Hintergrund und man darf ihn getrost als ungekrönter König bezeichnen. Denn sie singen und arbeiten (fast) alle auf seinen Alben: Eliel, Luny Tunes, Daddy Yankee, Cheka und Hector El Bambino (der vergangenes WE in N.Y seine erste Liveperformance hatte) etc. Vieles läuft via Label Vimusic mit Sitz in San Juan / Puerto Rico, was auch zeigt, dass der "kommerzielle" Reggaeton ein Stil ist, der von Latinos (weiter)entwickelt und gepflegt wird. Das ist dann auch der Grund des Erfolges, denn mit der Musik können sich Latinos, Schwarze und Europäer identifizieren. Es ist ein Konglomerat von karibischen Rhythmen, angereichert mit vielen witzigen, ironischen und manchmal auch gesellschaftskritischen, sowie doppeldeutigen Wortspielen, reduziert auf das Essentielle.

Dos Locos
Das letzte Wochenende des diesjährigen Festival Latinoamericando wartete mit einer Kombination von interessanten Künstlern auf: MONCHY & ALEXANDRA (Bachata), Victor Manuelle (Salsa de Puerto Rico) und Pupy y los que son son (Salsa cubana).
Das Duo hat bereits jetzt schon Geschichte gemacht: Grammy-Nomination, Billboard-Auszeichnung, Cassandra und Lo nuestro, sowie bald eine Million verkaufter CD’s. Das neue Album "Hasta el fin" ist bereits wieder für den diesjährigen Grammy Latino nominiert. MONCHY & ALEXANDRA singen meist mehrstimmig, begleitet von einen professionellem Arrangement unter der Leitung von Martires de Leon.
Genauso präsentierten sie sich auch auf der Bühne in Milano. Die etwas introvertiertere Alexandra bezauberte das Publikum vom ersten Augenblick an mit ihrer 100%-igen Intonationssicherheit. Ihre Stimme ist kräftig, melodiös, bezaubernd… und klingt wie auf der CD. Zusammen mit Monchy sind sie beide punkto Musikalität unerreicht, das gilt sowohl live als auch für die Studioaufnahmen. Diese Kombination ist das, was die Schönheit ihrer Kompositionen ausmacht, etwas tief Romantisches und Sinnliches, etwas was die Bachata so reich macht. "Estamos perdidos en un barco sin destino…" Das Publikum kam dann in den Genuss all ihrer Hits: "Hasta el fin" "Dos locos" "Y vuela vuela, por otro rumbo…" Martires, der Maestro, hatte dann auch noch zwei virtuose Gitarrensolos hingelegt und damit bewiesen, dass er am Erfolg ebenfalls einen grossen Anteil hatte.
Nach dem Konzert dankten MONCHY & ALEXANDRA via salsa/latino.ch für die Unterstützung ihrer Fans in Europa und der Schweiz. Vom gegenwärtigen Erfolg sind sie überwältigt. Auch sie seien der kolumbianischen Vallenatos sehr angetan, da diese Melodien und Harmonien ähnlich wie die der Bachata sind. Liebe und Gefühl für die Musik und die Menschen sei die Basis der Musik von M&A und ergebe die wunderbare Kombination der ersten und der zweiten Stimme. Der Erfolg sei die Arbeit vieler Personen, die M&A immer unterstützt haben.

VICTOR MANUELLE ein guter Entertainer
Am folgenden Tag kam VICTOR MANUELLE, der überaus sympathische Salsero nach Mailand und erfüllte mit seinem vollen Programm jeden Musikwunsch. "Lloré lloré" die Super Salsanummer seiner letzten CD "Travesía" knallte er dem Publikum entgegen, als sei es sein letzter Song gewesen, aber dies war ja erst der Anfang! "Mentiras", "La dueña de mis amores", "Todo quedó quedó", "Hay que poner el alma", "Así es la mujer", "Dile a ella" sind nur einige der Songs, die er für sein buntgemischtes Publikum spielte: Colombia, Puerto Rico, Cuba, Mexico, Venezuela, Rep. Dominicana, Italia, Suiza (natürlich!), Panama, Ecuador, die Liste liesse sich beliebig verlängern. Das Orchester spielte einen dermassen satten Sound – Bläser und Percussion klangen, als würde im Studio gespielt. Neben dem Piano wirkte noch einen Synthi mit und dies ergab spannende Kombinationen, vor allem auch in der Dynamik der Band. Zudem, Boricuas sind enorm präzis und dies macht dann eben die Professionalität einer Band aus.
VICTOR hat mit der neuesten CD einen enormen Sprung nach vorne gemacht und ist heute in der Oberliga der Salseros zuhause. Er ist genauso ein Interpret romantischer, wie energetischer Salsa und darf ohne weiteres unter Musikern wie Frankie Ruiz und Gilberto Santa Rosa (mit dem ihn eine Freundschaft verbindet) eingereiht werden. Witzig war dann auch noch die Einlage mit Daddy Yankees "Lo que pasó, pasó" und "Gasolina" in einer Salsanummer: Professionalität gepaart mit Reggaeton-Aktualität.
Auf der Bühne ist VICTOR MANUELLE ein guter Entertainer, redet, scherzt mit dem Publikum und beweist so Charisma und Eigenständigkeit. Er schaffte es, eine echte "Unidad Latina" hinzukriegen und es scheint ihm ein Anliegen zu sein, diese Identität für die Latinos (und natürlich die europäischen Salseros) zu schaffen. Dafür gibt er viel von sich und bleibt trotzdem sehr bescheiden, mit Jeans, Hemd und Basketballmütze. Fazit: VM ist ein Garant für 100% Salsa auf hohem Niveau.

Auf salsaeuropa.com könnt ihr ein Kurz-Interview mit VM herunterladen resp. lesen. Er hatte uns ein paar Minuten gewährt, trotz einer langen Kolonne von Journalisten, um die wichtigsten Fragen zu beantworten.

[Manuel & Yoconda
DJ's "Son Clave"]

Interview mit Victor Manuelle auf salsaeuropa.com