Toll, dass es Caliente dieses Jahr gelungen ist, mit dem Spanish Harlem Orchestra repräsentative Vertreter der legendären New Yorker Salsa-Szene zu engagieren.
Wer die frühen Glanzzeiten der New Yorker Salsa in den 70er- und 80er-Jahren miterlebt hat, kann endlos ins Schwärmen geraten. So mancher festgefahrene Rockist erlangte hier durch Aha-Erlebnisse wieder einen differenzierteren Zugang zur Musik und zu einer hedonistischen Lebenseinstellung. Durchtanzte Nächte im „Club Broadway“ oder im legendären „Corso“ am Südrand von Spanish Harlem, Trips in absolut verbotene Gegenden der Upper East- und Westside sowie Besuche der „Salsa-Meets-Jazz“-Montagabende im Village Gate hielten einen permanent auf Trab. Man erlebte Machito, Ray Barretto, Héctor Lavoe, Charlie Palmieri, Mongo Santamaria, Celia Cruz, Tito Puente: die grossen Toten, die teilweise zu den Fania All Stars gehörten. Aber auch Eddie Palmieri, Willie Colón, Nicky Marrero, Rubén Blades, Johnny Pacheco: die grossen Überlebenden, von denen einige immer wieder kreativ auf die Entwicklung der Música Latina eingewirkt haben, so etwa der 57jährige Willie Colón auf den frühen Latin Hip Hop.
Salsa im heutigen Sinne wurde denn auch in dieser New Yorker Latino-Küche erfunden und angerichtet, und zwar vorwiegend von exilkubanischen, dominikanischen und puertoricanischen Köchen, zu denen auch der 1954 geborene Oscar Hernández gehört. Kaum eine Koryphäe, mit der dieser Nuevoricaner nicht schon zusammengearbeitet hätte. Im Jahr 2000 gründete Hernández das Spanish Harlem Orchestra, dessen klares Ziel eine Revitalisierung der New Yorker Salsa ist. Die brandneue CD „United We Swing“ kommt denn auch sowohl musikalisch als optisch geradezu plakativ daher: die obere Hälfte des Covers nimmt ein Panorama von Manhattan ein, darunter ist ein Teil der Weltkarte mit Afrika und Lateinamerika abgebildet, über der Schrift in der Mitte schwofen Salsa-Paare. Innen dann die Flagge von Puerto Rico, das bekanntlich politisch zu New York gehört und daneben die dreizehn Musiker der Band, alles Herren unterschiedlichsten Alters.
Wie ein NYC-Salsa-Stilbuch präsentiert sich auch die Musik. So erinnert „El Tiempo Del Palladium“ an den berühmten 50er-Jahre-Club, wo die verrückte Mambo-Welle den Tänzern in die Glieder fuhr und diese zum Schütteln und Schlottern brachte. Später zitiert das Orchestra Rumba, worauf aber auch das ganze Spektrum gelegentlich jazzlastiger moderner Salsa auf den geneigten Hörer losgelassen wird. Interessierte seien auf Passagen wie etwa „Plena Con Sabor“ aufmerksam gemacht, denn der Bom-Bum-Rhythmus der traditionellen puertoricanischen Plena gilt als eine Hauptwurzel von Reggaeton. Hier wird der ganze Reichtum der typischen, stets schnoddrig-griffigen und knackigen New Yorker Salsa ausgebreitet, die längst den Status ewiger Werte besitzt.
Festival Tropical Caliente, Zürich, im und um das Volkshaus, Fr 15. - So 17. Juni.
Freitag: "Mexico y Nueva York" im Volkshaus mit Julieta Venegas (Mexicos), Spanish Harlem Orchestra (NYC / USA).
Samstag: "Carnaval do Brasil" im Volkshaus mit Xero no Cangote (Forró, Brasil), Leandro & Bateria de Mangueira (Sambaschule aus Rio, Brasil), Supla (Rock, Brasil).
Sonntag: Sonic Junior (Electro, Brasil).
Weiteres (Auswahl): Flaco Flow (Hip Hop, Kolumbien), El Tiburón (Salsa, Spanien, Kolumbien, CH), Son III (Son, Cuba).
[Erweiterter Artikel aus Züritipp 24]