Spanish Harlem Orchestra in Zürich

Der Mythos lebt!
Das vom 63jährigen Oscar Hernandez gegründete Spanish Harlem Orchestra widmet sich ganz der legendären New Yorker Salsa Dura. Eine gute Gelegenheit, die Entstehung der Salsa zu beleuchten.

Ein für alle Mal: Salsa im heutigen Sinne wurde in den frühen 60er-Jahren in New York erfunden. Der Big Apple trug damit Innovatives und Profundes zur Entwicklung der Interlatino-Musik bei. Vorbereitet durch exil-kubanische Latin-Jazzer wie Machito und den Trompeter Mario Bauza, die in den 40er-Jahren dem Bebop frische Soundfarben verpassten, aber auch durch den blinden Bigband-Leader Arsénio Rodríguez, war es dann um 1964 herum vor allem der dominikanische Musiker Johnny Pachecho, der in NYC den kubanischen Son mit einem gehörigen Fusstritt in pfupfige Gefilde beförderte. Trompeten und Posaunen furzten über aufgespeedeter Rhythmik, das Perkussionsarsenal wurde beispielsweise um die Timbales mit ihrem Geknatter und anderes erweitert - alles zur Freude einer tanzwütigen, hellwachen Barrio-Jugend. In diesem Modernisierungsprozess blieben jedoch die Grundstrukturen der verschiedenen Son-Formen, aber auch etwa jene der traditionellen puertoricanischen Bomba und Plena erhalten.

Die Ur-Salsa
Pachecho, mit seinen 81 Jahren ein Salsa-Dinosaurier, gründete 1964 zusammen mit Jerry Masucci das Fania-Label, um welches sich schnell einmal die damalige jugendliche Crème der New Yorker Latin-Szene als "Fania Allstars" scharte: von den Nuyoricanern Willie Colón, Hectror Lavoe und Tito Puente bis zur Exilkubanerin Celia Cruz. Einige der Koryphäen sind mittlerweile verstorben, die Überlebenden wie Willie Colón, Ruben Blades und Eddie Palmieri sind bis heute aktiv. Die Salsa-Impulse aus New York beeinflussten die Sounds im ganzen Mundo Latino, Länder wie Kolumbien entwickelten eigene Salsa-Formen. Der Son kehrte auch in aufgemotzter Form in seine Heimat Kuba zurück, wo man jedoch US-Innovationen grundsätzlich und noch lange Zeit mit Argwohn registrierte. Kuba entwickelte aber schliesslich mit der Timba ausgesprochen schräge Salsa-Formen, was man durchaus als Protest gegen die klassische New Yorker Salsa, heute Salsa Dura genannt, verstehen kann.

Der 1954 in der Bronx geborene Oscar Hernandez stammt aus einer puertoricanischen Einwandererfamilie und gehört zur zweiten New Yorker Salsa-Generation. Er hat all den oben genannten Koryphäen genau zugehört, von ihnen gelernt und sich schnell für den Reichtum der damals aktuellen New Yorker Latin-Sounds begeistert. Neben der Zusammenarbeit mit zahlreichen Legenden soll hier vor allem sein Engagement in Ruben Blades "Seis Del Solar" hervorgehoben werden: Blades versuchte in den 80er-Jahren mit diesem Sextett durch Elektronik das Salsa-Bigband-Format auf eine nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen reduzierte Grösse zu schrumpfen.

Eine Koryphäe
Mit all diesen Erfahrungen im Gepäck gründete Hernandez 2000 das Spanish Harlem Orchestra, mit welchem er - inspiriert von der Barrio-Kultur der Upper Eastside, in der er aufgewachsen ist - die Tradition der New Yorker Salsa Dura weiterführt. Ein Song aus dem Album "Viva La Tradición" ist denn auch plakativ mit "La Salsa Dura" betitelt: messerscharfe Bläsersätze werden über knackigen Claves bei grösstmöglicher Transparenz von rhythmischer Daynamik vorwärtsgetrieben, in der Harmonik flackern immer wieder latinjazzige Modulationen auf.

Das Oeuvre des Spanish Harlem Orchestra breitet sich wie ein musikalisches und inhaltliches Stilbuch der New Yorker Salsa-Kultur vor einem aus. So erinnert ein Song wie "El Tiempo del Palladium" an den berühmten 50er-Jahre-Club, in welchem die verrückte Mambo-Welle den Tänzern in die Glieder fuhr und diese zum Schlottern brachte. Rumba wird in modernen Salsa-Strukturen zitiert, ein Stück wie "Plena Con Sabor" greift den Bom-Bum-Rhythmus der traditionellen puertoricanischen Plena auf, die den aktuellen Reggaeton beeinflusste: Tradition reicht der Moderne die Hand.

Hans Keller

Samstag, 9. September, 20:30
moods
Schiffbaustrasse 6
8005 Zürich ZH

Eintritt: CHF 38.00